Industry Council on ESD Target Levels

Das Industry Council on ESD Target Levels, das 2006 von einer Gruppe von Halbleiterhersteller gegründet wurde und zu dem im Laufe der nachfolgenden Jahre immer mehr Halbleiterhersteller aber auch Systemhersteller hinzugestossen sind, hat mehrere White Paper veröffentlicht, die hier zur weiteren Diskussion heruntergeladen werden können:

Bitte bedenken Sie vor dem Lesen, dass White Papers meist in Zusammenarbeit von Vertretern aus Industrie und Wissenschaft entstehen. Dabei fliessen nicht nur wissenschaftlich-technische Erkenntnisse, sondern z.B. auch wirtschaftliche Aspekte und Interessen in die oftmals nach langwierigen Diskussionen und Abwägungen verabschiedete Fassung ein. Es ist deshalb wichtig, festzuhalten, dass die in den hier aufgeführten White Papers getroffenen Aussagen weder im ESD FORUM e.V. noch einem seiner Gremien entstanden sind. Sie sind nicht als fachliche Stellungnahme oder Ansicht des ESD FORUM e.V. oder eines seiner Gremien anzusehen.

Diskussion von White Paper 1

Die Vorschläge des Industry Council zur Absenkung der Mindestanforderungen an die HBM- und MM-Festigkeiten von Komponenten wurden von den Teilnehmern des ESD-Forum 2007 und des ESD-Workshop 2008 intensiv und kontrovers diskutiert.

Ursache dafür war unter anderem eine unterschiedliche Sichtweise bei der Unterscheidung der HBM-Festigkeit auf Komponentenebene (Transistoren, ICs, etc.) und der auf Systemebene (bestückte Platinen, Module, Geräte, etc.). Es wurde von einigen Teilnehmern angenommen, dass HBM-Festigkeiten auf Komponentenebene mit solchen auf Systemebene korrelieren. Deshalb wurde befürchtet, dass der ESD-Schutz exponierter IC-Pins auf Systemebene unter einer Reduktion der HBM-Festigkeit auf Komponentenebene leiden könnte. Um dieses Risiko zu vermeiden, wurde das Industry Council aufgefordert, Vorschläge zu unterbreiten, wie die HBM-Festigkeit dieser Pins auf Systemebene verbessert werden kann. Darüber hinaus wurde die Frage aufgeworfen, welche IC-Pins überhaupt als exponiert und damit kritisch anzusehen sind bzw. wer für die Klassifizierung in exponierte und nicht exponierte Pins verantwortlich sei, denn es gäbe durchaus verschiedene Applikationen, in denen ein und derselbe IC-Pin einmal exponiert und einmal nicht exponiert sei. Diese Frage wurde versucht damit zu beantworten, dass der ESD-Schutz auf Systemebene der Verantwortung des Systemdesigners obliegt, und dass dieser somit auch verantwortlich dafür sei, die Pins, die nicht über einen ausreichenden ESD-Schutz auf Systemebene verfügen, auch nicht an Schnittstellen des Systems herauszuführen. Um dem Systemdesigner beim ESD-gerechten Design von Schutzbeschaltungen zu helfen, falls ein Pin mit reduziertem ESD-Schutz doch ESD-exponiert wird, wurde schließlich vorgeschlagen, die TLP-Charakteristika der integrierten ESD-Elemente in den Datenblättern der ICs auszuweisen.

Eine weitere Ursache für die kontroverse Diskussion lag darin, dass viele Systemhersteller nicht über Feldretourenstatistiken verfügen, die eine Korrelation mit ESD-Ausfällen erlauben, oder diese nicht offenlegen. Diese Teilnehmer konnten die entsprechenden Statistiken des Industry Councils nicht nachvollziehen, konnten sie aber auch nicht mit Daten widerlegen. Insbesondere wurde die vorgelegte Ausfallstatistik für Automotive-ICs als nicht wirklich aussagekräftig zurückgewiesen, da gerade die Ausfallraten dieser ICs aufgrund der hohen Anforderungen der Automobilindustrie besonders niedrig sind. Darauf wurde erwidert, dass die Automobilindustrie bislang leider auch keine Daten zur Verfügung gestellt hat, die die Notwendigkeit einer ESD-Festigkeit von 2kV HBM auf Komponentenebene untermauern.

Generell wurde jedoch von vielen Teilnehmern bestätigt, dass sie keine nennenswerten ESD-Probleme in ihren Fertigungsbereichen haben. Dies gilt auch für jene Firmen, die lediglich einen minimalen ESD-Schutz praktizieren. Darüberhinaus wurde die Aussage des Industry Council in Bezug auf eine sichere HBM-Festigkeit von Komponenten durchaus von Teilnehmern bestätigt. So wurde z.B. berichtet, dass nur Komponenten mit einer HBM-Festigkeit bis zu 500 V als "sensitiv" gekennzeichnet werden. Und im selben Zusammenhang wurde von anderer Seite erläutert, dass als Mindestanforderung eine HBM-Festigkeit von 800 V an die Komponenten von Zulieferern gestellt werden und dass erst unterhalb dieses Wertes spezielle Freigabeprozeduren gefordert werden.

Dessen ungeachtet zögerten aber insbesondere die Teilnehmer der Automobilindustrie, den Vorschlägen des Industry Council zu folgen, da sie befürchteten, die vorgeschlagenen Mindestanforderungen könnten zu ESD-Problemen führen.

Wenngleich die Diskussionen gezeigt haben, dass sich die Kunden der Halbleiterhersteller ernsthaft mit den Vorschlägen des Industry Council auseinandersetzen, so haben die Diskussionen doch zu keinem Konsens geführt.

Untersuchung der Auswirkungen von White Paper 1

Der ESD FORUM e.V. hat aufgrund intensiver Diskussionen eine Untersuchung zum Einfluss der Absenkung der HBM Prüfpegel auf die Systemfestigkeit in Auftrag gegeben. Der Ergebnisbericht kann hier heruntergeladen werden:

Weitere Informationen

Weitere Dokumente des Industry Council on ESD Target Levels können hier heruntergeladen werden: